Terror und Tulpensud: Matschkopf und der Aufstand der Aluhüte

2 Totenköpfe mit Schalen aus Aluminium

Matschkopfs zweiter Fall

Der Aufstand

Der Saal war gerammelt voll. Die Spannung konnte man mit dem Handy messen. Und dann erhob sich am Kopfende eine imposante Figur und eine spirituelle Stille breitete sich aus. „Freunde, Kameraden, Kampfesgenossen! Das Warten hat ein Ende. Der große Moment ist gekommen. Diese elende Unterdrückung, diese abgrundtiefen Lügen und diese Besudelung unserer Freiheit hat ein Ende. Jetzt beginnt der Aufstand. Jetzt beginnt der Kampf für unsere unveräußerlichen Rechte. Und jetzt beginnt eine neue Epoche des Lichts und der Wahrheit und des unendlichen Reichtums. Lasst uns gemeinsam den Kampf führen und gemeinsam in ein neues Zeitalter eintreten.“ Er ergriff etwas, das aussah wie ein umgedrehter Suppentopf bei der Bundeswehr. „Nehmt eure Helme der Freiheit, schützt euch damit gegen die Wellen des Bösen und folgt mir in das Reich des Lichts.“ Er hob den umgedrehten Blechtopf über seinen Kopf und setzte ihn schließlich auf. Sämtliche Anwesenden taten es ihm gleich und geboren war die Armee der Aluhüte.

Die Reifen quietschten und das Fahrzeug neigte sich bedrohlich zur Seite, aber schließlich parkte der Dienst-Splash (Ahaa!) elegant und präzise in der Parklücke direkt vor Ali’s Grillimbiss (jaja, das Apostroph …). Kommissar Matschkopf und Polizeiassistent Dumpfbacke von der Speziellen Spezialeinheit der Thüringischen Landespolizei, kurz SpezThüLP, entstiegen ihrem Gefährt und betraten in freudiger Erwartung den Tempel des Grillfleisches. „Zwei Pandemie-Gedächtnis-Dürüm mit alles, Ali“, bestellte Matschkopf souverän. In Windeseile wurden die beiden kulinarischen Meisterwerke gefüllt und gewickelt, doch als Dumpfbacke in seinen Dürüm biss, machte sich ein Ausdruck unendlicher Enttäuschung auf seinem Antlitz breit. „Ali, da ist ja gar keine Tziki-tzakisoße drauf!“ Ali lächelte schelmisch: „Natürlich nicht. Dreht euch mal um. Das da an der Wand ist mein neuer Soßenautomat. Ihr könnt euch eine Soße aussuchen und soviel davon nehmen, wie ihr wollt. Zu dem Pandi-Dürüm würde ich euch die Tziki-tzaki de luxe empfehlen. Da sind Buchsbaum-Globuli mit drin. Schmeckt echt super!“ Doch Matschkopf ließ sich nicht so schnell in die Irre führen. „Moment! Der Soßenautomat hat das VGI-Siegel. Was hat das zu bedeuten?“ „Na ja, ich bin eine Kooperation mit Van-Gammel-Industries eingegangen. Van Gammel bietet einfach die beste Ware zu unschlagbaren Preisen. Und mit dem Siegel wird garantiert, dass alle Soßen direkt aus den Chemielaboren von Van Gammel kommen.“

Die Dürüms waren hervorragend. Und so oft, wie Dumpfbacke sich neue Soße holte, könnte man denken, es wäre ein Spielautomat in Las Vegas. Doch plötzlich verzog sich Matschkopfs Gesicht vor Schmerzen. Es fühlte sich an, als hätte sich ein Dönerspieß durch sein Gehirn gebohrt und seine Uranfüllungen im Gebiss begannen zu pochen, als wären sie alte Volvo Diesel. „Matschie, mach, dass das aufhört!“ Matschkopf wollte zuerst Alis neue Soße dafür verantwortlich machen, aber dann sah er, dass nicht nur er und sein lieber Kollege Dumpfbacke Höllenschmerzen durchlitten, sondern sich auch Ali den Kopf hielt und auf dem Boden krümmte. Und dann kamen auch noch die Halluzinationen dazu. Als er aus dem Fenster schaute, schien es, als würde eine Horde dicklicher mittelalter Kleinbürger mit seltsamen Kochtöpfen auf dem Kopf versuchen im Gleichschritt zu marschieren. Das konnte doch nur Einbildung sein, oder?

Tulpen und Terror

Der Schmerz war unerträglich. Matschkopf konnte sich nicht mehr auf den Beinen halten und torkelte auf die Theke zu. Mit allerletzter Kraftanstrengung versuchte er sich an der Schüssel mit Rotkraut festzuhalten. Aber vergeblich, seine Beine gaben unter ihm nach und er fiel zu Boden, diverse Salatschüsseln mitsichreißend. Doch in dem Moment, als die Schüssel mit geschmacksneutralem Eisbergsalat auf seinen Schädel knallte, hörte der Schmerz plötzlich auf. Er hielt die kühle Aluschale an seine Schläfe, um die Entwicklung einer veritablen Beule zu verhindern, als ihm klar wurde, was gerade passiert war. „Erwin, hier nimm den Löffel und halt ihn dir an den Kopf. Ali, greif dir den Friteuseneinsatz!“ Sie mussten sich einen Gegenstand aus Alumnium an den Schädel halten, dann waren sie vor den Schmerzen geschützt. Er setzte sich die Salatschale auf den Kopf, die glitschigen Salatblätter hinter seinen Ohren ignorierend, und ergriff die Alufolie, in die die Döner normalerweise eingewickelt wurden. Mit Origami gestählter Kunstfertigkeit bastelte er im Eiltempo drei Hüte aus der Alufolie, die ungefähr so aussahen wie die UFOs, die die amerikanische Regierung der Öffentlichkeit immer noch vorenthielt. „Ali, ich ernenne dich hiermit offiziell zum Hilfswachmeister mit allen Befugnissen. Wir müssen handeln, bevor es zu spät ist!“

Außerhalb von Alis Grillimbiss bot sich ein Bild des Schreckes. Es gab nur noch zwei Arten von Menschen. Entweder sie krümmten sich vor Schmerzen auf dem Boden oder sie marschierten mit Kochtöpfen auf dem Kopf die Straße entlang in Richtung Domplatz. Matschkopf, Dumpfbacke und ihr neuer Aushilfskollege mischten sich unauffällig unter die Marschierenden, bis sie den prallgefüllten Domplatz erreicht hatten. Die alubehüteten Kleinbürger starrten hingebungsvoll auf die Bühne, wo von einer allseits bekannten Person ein großes Transparent enthüllt wurde. Dschingis Dihlmann, seines Zeichens Autor solch grandioser Werke wie „Buchsbaum macht fit“ oder „Vom Kompost in die Küche“ ergriff das Mikrofon. „Die Tyrannei hat nun ein Ende. Wir haben die hinterhältigen Mächte der Weltverschwörung besiegt. Unter dem Zeichen der Trippeltulpe“, er machte eine elegante Bewegung hin zu dem entrollten Transparent, auf dem sich drei Tulpen vor pinkfarbenem Hintergrund kreuzten, „werden wir leben in Glück und Vollendung, ohne den Terror der Wissenschaft und Vernunft.“ Die Gesichter der Aluhutträger strahlten entzückt und ohrenbetäubender Beifall brandete auf.

Der Widerstand

Die neuen Machthaber hatten keine Zeit verloren. Die Bevölkerung wurde gezwungen Aluhüte zu tragen und damit willig der neuen Führung zu folgen. Wer sich den Hut vom Kopf riss, wurde sofort von infernalischen Schmerzen übermannt. Lieber Hirnlosigkeit als Höllenschmerzen! An jeder Straßenecke, an jedem Gebäude und an jeder Mülltonne wurde das Banner mit der Trippeltulpe aufgehängt, mit der die Populäre Erhebung Gegen Intelligenz, Denken und Allgemeinbildung ihre neugewonnene Macht demonstrierte. Matschkopf dagegen nutzte seine Kenntnisse aus Terrorbekämpfung und der Verfolgung von Serienblumendiebstählen, um nun selbst subversiv tätig zu werden. Intuiitiv hatte er das einzig Richtige gemacht! Er hatte durch seine raffinierte Origami-Falttechnik Schutzhüte geschaffen, die gleichzeitig die schmerzinduzierenden Wellen abhielten und das Gehirn vor Verblödung schützten. Jetzt war nur die Frage, wie die Terrorherrschaft der Trippeltulpen beendet werden konnte.

Dass dieser Dihlmann nur Fassade war, stand außer Zweifel. Die Frage war nur, wer wirklich dahinter steckte und wie man ihn unschädlich machen konnte. Die Lösung war so klar wie einfach! Die Kontrolle der alubehüteten Kleinbürger erfolgte offensichtlich durch Wellen, die unsichtbar durch die Luft schwubbelten. Und wer konnte solche Wellen ausstrahlen? Da gab es nur eine Möglichkeit: die T-Schneck AG! Seit Einführung des 3,25-G-Standards hatte T-Schneck das unumstrittene Mobilfunkmonopol. Die drei Widerständler bestiegen unauffällig den zur Tarnung pink übermalten Splash (Ahaa!) und fuhren so schnell, wie es die marschierenden Aluhüte auf der Straße erlaubten, zur Zentrale der T-Schneck AG, wo sich auch der größte Sendemast befand. Doch als sie ankamen, mussten sie feststellen, dass die Anlage gesichert war wie die heimlichen Buchsbaumblattvorräte der Bundesregierung. Alle paar Meter stand ein zweibeiniger Pitbull mit Aluhelm und Knarre im Anschlag.

„So kommen wir nicht weiter.“ Matschkopf sah ein, dass sie gegen derart viele schwerbewaffnete Hohlköpfe keine Chance hatten. Sie mussten einen anderen Weg finden! Aber dann kam ihm eine Idee: „Wir müssen ein Konkurrenznetz aufbauen, das die Wellen des T-Schneck-Netzes neutralisiert.“ Die rettende Idee, die die Menschheit vor der ewigen Sklaverei bewahren sollte, kam von Ali: „Warum nehmen wir nicht van Gammels Soßen-Intranet?“ Das war die Lösung! Da inzwischen alle namhaften Grillimbisse über einen Soßenautomaten verfügten, der die notwendige Soßen-Software online aus der Zentrale von van Gammel bezog, mussten sie nur das van-Gammelsche Intranet mit einem Sender verknüpfen um so Gegenwellen in den Äther zu schießen.

Der Kampf der Netze

Während Dumpfbacke den Splash (Ahaa!) in Schlangenlinien zur Zentrale der Van Gammel Industries steuerte und dabei ab und zu einen Aluhutträger dezent zur Seite stuppste, programmierte Matschkopf auf seinem Luxus-Handtelefon eine Anti-3,25-G-Software, die die Wellen der Terroristen lahmlegen sollte. Mit einer App konnte er über Braunzahn direkt einen Sender wie auch andere Kommunikationsgeräte ansteuern. Das Gelände von Van Gammel war wie ausgestorben, kein Mensch weit und breit zu sehen. Einzig die Botox belippte Empfangsdame lackierte sich hingebungsvoll ihre Fingernägel. „Wo befindet sich der Sender für das Soßen-Intranet? fragte Matschkopf autoritär. „Dritter Stock, zweite Tür links. Aber putzen Sie sich vorher die Schuhe ab!“ Matschkopf gefolgt von Ali und Dumpfbacke rannte die Treppen hoch und erreichte die besagte Tür. So leise wie möglich reinigten sie ihre Schuhe. Als kein Staubkorn mehr an den Sohlen haftete, öffnete Matschkopf vorsichtig die Tür und trat ein. Der Anblick ließ ihm das Blut in den Adern gefrieren. „Ach, Herr Kommissar, Sie schon wieder!“ An der Kontrollkonsole des Senders saß entspannt der ehemalige Chefchemiker des Betriebes, der sich unter dem Namen Heinz-Günther Frickler eingeschlichen hatte. Aber in Wirklichkeit war er Superterrorist El Malo, die Geißel der Menschheit! „Sie sind wieder einmal zu langsam. Ich habe auch das Van-Gammel-Netz mit meiner Terror-Software konfiguriert. Jetzt kann mir niemand mehr die Weltherrschaft entreißen.“ El Malo griff zum Handy, doch Matschkopf war schneller. Er richtete sein Handy auf El Malo und aktivierte die neu instalierte App. Augenblicklich schoss ein grüner Strahl auf El Malo zu und warf ihn zu Boden.

Der Kampf war erbarmungslos. Die Kämpfer gaben sich nichts. El Malo feuerte 3,25-G-Packete auf die Gesetzeshüter, bis seine App glühte. Während dessen bombardierte Ali ihn mit Sweeper-Downloads. Das wiederum ermöglichte es Dumpfbacke ungesehen zur Kontrollkonsole vorzudringen und die neue Software braunzahnmäßig einzuspeisen. El Malo sah ein, dass er verloren hatte. Mit einer letzten verzweifelten App-Aktivierung legte er eine Firewall und sprang aus dem Fenster.

Eine neue Welt

Blogger und Online-Medien feierten die drei Helden, denn sie hatten die Welt vor Terror und Verdummung gerettet. Sämtliche Kochtöpfe landeten wieder in den Schränken und die Banner mit den Trippeltulpen wurden als Grillanzünder recyclet. Ali erreichte eine derartige Medienpräsenz, dass er seinen Grillimbiss an den Nagel hängte und das Gourmet-Restaurant „Avec des Sauce“ eröffnete. Matschkopf und Dumpfbacke wurden in einer feierlichen Zeremonie befördert und sogar für den Zuckerberg-Award nominiert. Und was passierte mit den Terroristen und ihren Gefolgsleuten? Ohne ihre Aluhüte kehrten sie wieder zurück zu ihren Netflix-Serien, während  der Möchtegernanführer Dschingis Dihlmann wieder Kochbücher schreiben musste. Von Heinz-Günther Frickler alias El Malo jedoch fehlte jede Spur. Einzig der Körperabdruck in einem Container mit Schnitzel-Fehldrucken unter dem Fenster, aus dem er gestürzt war, sowie ein fehlender Soßentankwagen gaben einen Hinweis auf seine Flucht.

Das Ende

2 Totenköpfe mit Aluminiumschalen

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